Kreuzbandriss
Das vordere Kreuzband ist ein wichtiger Stabilisator des Kniegelenkes. Nach einem Riss kann es bei sportlicher Belastung, Müdigkeit oder nachlassender Konzentration zu einem Verrutschen und Verdrehen des Oberschenkelknochens auf den Unterschenkel kommen.
Der Patient fühlt, dass sein Kniegelenk instabil ist und manchmal sogar nachgibt ("giving way").
Bei normalem Gehen in der Ebene ist das Knie meist aber unauffällig und nicht schmerzhaft.
Durch das "Verrutschen" des Oberschenkelknochens können Gelenkknorpel und Menisci verletzt und geschädigt werden. Mehr als sonst in der Medizin üblich, herrschen in der Behandlung der vorderen Kreuzbandruptur (Kreuzbandriss) Auffassungsunterschiede bezüglich der Notwendigkeit und des Zeitpunktes einer operativen Stabilisierung bzw. der Wahl des Transplantates und der Operationsmethode vor.
Behandlungsprinzip
1. Die frische Kreuzbandruptur (bis zu einer Woche nach dem Unfall) wird nur dann stabilisiert (arthroskopische Kreuzbandnaht bei "idealen" Verhältnissen, sonst primärer Kreuzbandersatz), wenn die Untersuchung des verletzten Kniegelenkes in Narkose ein gefährliches Stabilitätsdefizit aufzeigt (positiver "pivot shift") und der Patient auf Grund seines Alters (unter 50 Jahren), des Grades seiner Arthrose, seiner Muskelleistung, seines Gewichtes und seiner sportlichen Betätigung für eine Kreuzbandrekonstruktion geeignet ist. Ist der Patient dafür nicht geeignet, wird bei einem frischen Knietrauma in jedem Fall die Arthroskopie durchgeführt, um Kreuzbandreste, die sich bei der Gelenkbewegung einklemmen können, zu entfernen und um eventuelle Zusatzverletzungen an den Menisci oder am Gelenksknorpel feststellen und behandeln zu können.
2. Veraltete Kreuzbandrisse werden bei "giving way", also Einknicken beim Stiegensteigen, oder sportlicher Betätigung in Abhängigkeit von den oben erwähnten Faktoren stabilisiert.
Operationstechnik
Zum Kreuzbandersatz wird von uns körpereigenes Gewebe verwendet und hierfür mittels eines 3 cm Schnittes 2 Sehnen des Pes anserinus entnommen, das sind 2 von 4 Sehnen, die an der Innenseite des Schienbeines ansetzen. Diese Sehnen (Sehnen des Semitendinosus- und Gracilismuskels) können "ungestraft" entnommen werden, ohne dass sie abgehen würden, da später die anderen Muskeln ihre Aufgabe weitgehend übernehmen können.
Die Sehnen werden 4 fach gefaltet und zu einem stabilen Bündel geformt. Diese Sehnen sind sehr fest, aber nicht so straff, wie das früher verwendete mittlere Kniescheibenbanddrittel, das zu straff war. Die Sehnen haben ein ähnliches Verhalten wie das natürliche Kreuzband. Sie werden arthroskopisch anstelle des eigenen Kreuzbandes eingezogen und mit zwei Klemm-Schrauben am Knochen befestigt.
Neben den Arthroskopiezugängen (3 x je 5 mm) wird dazu der schon erwähnte 3 cm lange Schnitt an der Knievorderseite benötigt.
Das Entscheidende an der Kreuzbandersatzoperation ist das genaue Positionieren der Eintritte des Transplantates in das Gelenk (= isometrischer Punkt), um ein Auslockern des neuen Kreuzbandes oder eine Bewegungseinschränkung zu vermeiden.
Nachbehandlung
Bei dieser Operation entfällt die Gipsruhigstellung, verwendet wird für vier bis sechs Wochen postoperativ eine Knieschiene aus Kunststoff mit beweglichem Kniegelenk und Klettverschlüssen (Orthese).
Diese Schiene erlaubt weitgehend normales Gehen.
In den ersten drei Wochen soll das Knie mit zwei Unterarmstützkrücken teilentlastet werden.
Es folgt intensive, aber schonende Heilgymnastik mit gleichzeitiger Aktivierung des Muskulatur der Oberschenkelvorder- und -rückseite, um das Transplantat nicht zu gefährden.
Arbeitsfähigkeit
Bei Bürotätigkeit ist die Arbeitsfähigkeit nach ein bis vier Wochen, für körperlich schwere Arbeit nach etwa fünf Monaten gegeben.

Kreuzbandersatz mit einem stabilen Bündel aus den Sehnen des Gracilis- und Semitendinosusmuskels. Sie sind dem natürlichen Kreuzband sehr ähnlich.
Sportfähigkeit
Für Schwimmen, Radfahren, Wandern besteht ein Sportverbot für zwei Monate, für Tennis und Squash für ungefähr sechs Monate, für Sportarten wie Fußball und Handball usw. etwa acht Monate.
Wichtig für die Entscheidung zur Sportfähigkeit ist die wiedererlangte Muskelfunktion, Koordination und Reflexschnelligkeit.
Ergebnisse
Volle Stabilität und Kniegelenksbeweglichkeit kann bei etwa 90 bis 95 Prozent erreicht werden.
Bei etwa 5 Prozent besteht ein Bewegungsdefizit in der Endlage, welches aber durch einen arthroskopischen Zweiteingriff (Entfernung von überschießender Narbenbildung) beseitigt werden kann.
Etwa 90 Prozent der Patienten kehren zu ihrem Sport zurück, 5 Prozent betreiben weniger belastende Sportarten.
Komplikationen
Durch die Sehnenentnahme kann es in etwa 5 Prozent der Fälle zu Empfindungsstörungen unterhalb des Kniegelenkes kommen, die sich innerhalb von ein bis zwei Jahren zurückbilden.
Die übrigen Komplikationen entsprechen denen der anderen arthroskopischen Operationen.